Sind Einnahmen aus einer nebenberuflichen Aufsichtsratstätigkeit in einer kommunalen Abwasser-GmbH steuerfrei?
Für die Gewährung der Ehrenamtspauschale müssen Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit entweder im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer gemeinnützigen Körperschaft vorliegen. Im erstgenannten Fall muss die Tätigkeit z. B. für die Stadt ausgeübt werden; sie muss aber nicht gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke fördern.
Hintergrund
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2015 hauptberuflich Einkünfte als selbstständig tätiger Rechtsanwalt.
Nebenberuflich war er Mitglied des Aufsichtsrats der Q GmbH.
Er erhielt eine als Aufwandsentschädigung bezeichnete Zahlung i. H. v. 620 EUR.
Mehrheitsgesellschafterin der Q GmbH ist zu 90,5 % die Stadt D; die weiteren Gesellschaftsanteile halten die Stadt A sowie die Gemeinden B und C.
Die Q GmbH nimmt die kommunalen Pflichtaufgaben der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung für die beteiligten Kommunen wahr. Während 60 % der Erlöse auf die hoheitliche Tätigkeit im Abwasserentsorgungsbereich entfielen, waren 40 % der Erlöse nicht begünstigt und unterlagen dementsprechend der Umsatzsteuer.
Die Stadt D wird in der Gesellschafterversammlung der Q GmbH vom Oberbürgermeister vertreten.
Neben der Gesellschafterversammlung ist weiteres Organ der Q GmbH der Aufsichtsrat.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt D bestellte den Kläger zum Mitglied des Aufsichtsrates der Q GmbH und entsandte ihn als ihren Vertreter in dieses Gremium.
Die Höhe des Entgelts, das der Kläger für die Tätigkeit erhielt, richtete sich nach der gemeindlichen Satzung der Stadt D und die Zahlung an den Kläger erfolgte aus dem Vermögen der Q GmbH.
Im Zusammenhang mit seiner Aufsichtsratstätigkeit entstanden dem Kläger im Streitjahr zudem Aufwendungen.
Die Tätigkeitsvergütungen für die nebenberufliche Aufsichtsratstätigkeit wurden als Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit eingeordnet. Strittig war, ob für diese nebenberuflichen Tätigkeitsvergütungen die Steuerfreiheit für eine ehrenamtliche Tätigkeit zur Anwendung kommt.
Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Tätigkeit der Q-GmbH als Unternehmen des Privatrechts nicht gemeinnützig tätig sei.
Das FG lehnte die von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Einnahmen aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Aufsichtsrat der Q GmbH in voller Höhe steuerbefreit.
Zunächst hat der BFH die Auffassung bestätigt, dass aus der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied Einkünfte aus einer selbstständigen Tätigkeit erzielt werden. Eine Aufsichtsratstätigkeit ist das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung.
Die Einnahmen aus der Aufsichtsratstätigkeit wurden nicht den freiberuflichen Einkünften aus der Anwaltstätigkeit zugeordnet, weil keine erheblichen Berührungspunkte und Überschneidungen zur Haupttätigkeit als Anwalt vorlagen. Somit blieben die Einkünfte aus der Aufsichtsratstätigkeit vollumfänglich steuerfrei.
Die unstrittig nebenberuflich ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit hat der Kläger im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedsstaat der EU belegen ist, ausgeübt.
Die Stadt D hatte als Gesellschafterin der Q GmbH – entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Regelung – die Möglichkeit, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Durch die Entsendung des Klägers trat dieser nach außen als Vertreter der Stadt D auf, indem er an den Sitzungen des Aufsichtsrats teilnahm.
Entsprechend dem Gesetzeswortlaut hält es der BFH für ausreichend, dass eine für die Stadt ausgeübte ehrenamtliche Tätigkeit vorliegt. Die Tätigkeit muss nicht zusätzlich der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke dienen.
Die Steuerfreiheit stellt nicht darauf ab, aus welchem Vermögen das Entgelt für die begünstigte Tätigkeit entrichtet wird. Der BFH stellte klar, dass diese Steuerfreiheit auch anwendbar ist, wenn das Entgelt nicht aus dem Vermögen der auftraggebenden juristischen Person des öffentlichen Rechts stammt.
Die Betriebseinnahmen von im Streitjahr 620 EUR bleiben nunmehr steuerfrei; die im unmittelbaren Zusammenhang hiermit angefallenen Betriebsausgaben sind nicht steuerwirksam abziehbar.