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Aufsichtsratsmitglied: Wann liegt Unternehmereigenschaft vor?

Auch sitzungsabhängige Aufsichtsratsvergütungen führen nicht zwangsläufig zur Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsvorsitzenden.

Hintergrund

Der Kläger war in den Jahren 2015-2020 Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Gesellschaften einer Unternehmensgruppe. Für seine Tätigkeit schlossen die Gesellschafter jeweils eine D&O-Versicherung ab. Der Kläger erhielt eine durch die jeweilige Gesellschaftssatzung und hierauf beruhenden Hauptversammlungsbeschlüsse geregelte Vergütung. Diese beinhaltete Zahlungen pro Sitzungstag sowie den Ersatz von Auslagen (z. B. Reisekosten). Die Sitzungen sollten ausweislich der jeweiligen Satzungen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal pro Halbjahr, stattfinden bzw. auf Antrag.

Die für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender bzw. Mitglied des Aufsichtsrats erhaltenen Vergütungen behandelte der Kläger entsprechend der damaligen Auffassung in Finanzverwaltung und Rechtsprechung in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre ab 2015 zunächst als umsatzsteuerpflichtig. Im Oktober 2020 beantragte er mit Hinweis auf die neue Rechtsprechung des EuGH die Änderung seiner Umsatzsteuerfestsetzungen wegen fehlender Unternehmereigenschaft. Das Finanzamt lehnte ab, da die Sachverhaltskonstellation in dem vom Kläger angeführten BFH-Urteil (von den Sitzungen des Aufsichtsrats unabhängige Festvergütung) nicht mit dem Fall des Klägers vergleichbar sei.

Entscheidung

Die Klage vor dem FG hatte Erfolg. Danach sind die Umsatzsteuerfestsetzungen der Streitjahre rechtswidrig, da das Finanzamt die Vergütungen des Klägers, die dieser für seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener Aktiengesellschaften erhalten hatte, zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfen hat. Insbesondere könne nicht von der Zahlung einer sitzungsabhängigen Vergütung auf das für die Unternehmereigenschaft erforderliche wirtschaftliche Risiko des Aufsichtsratsvorsitzenden geschlossen werden.

Dies gilt umso mehr, als sich die Vergütung nach den einschlägigen Bestimmungen laut Gesetz, Satzung und der Geschäftsordnung richte. Nach Überzeugung des Gerichts wurde der Kläger in seiner Funktion als Vorsitzender des Aufsichtsrats und damit als Mitglied eines gesetzlich vorgesehenen Organs der Aktiengesellschaft nicht im eigenen Namen und nicht in eigener Verantwortung tätig, was sich bereits durch die gesetzlichen Vorschriften, denen der Kläger als Mitglied des Aufsichtsrats unterliegt, ergebe. Überdies bestand nach Überzeugung des Gerichts auch kein wirtschaftliches Risiko wegen der Inanspruchnahme aufgrund von Schäden durch Pflichtverletzungen. Denn dieses Risiko wurde vollständig durch eine zugunsten des Klägers abgeschlossene D&O-Versicherung ausgeschlossen.