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Urlaubsabgeltungsanspruch kann verjähren

Urlaubsabgeltungsansprüche verjähren nach 3 Jahren. Auch ohne Hinweis des Arbeitgebers beginnt die Frist i. d. R. mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin das Unternehmen verlässt.

Hintergrund

Der Fluglehrer war von 2010 bis 2015 als Ausbildungsleiter in einer Flugschule beschäftigt. In einem schriftlichen Anstellungsvertrag waren 30 Tage Jahresurlaub vereinbart. Der Arbeitgeber gewährte ihm bis 2015 keinen Jahresurlaub. Im Jahr 2015 vereinbarten die Parteien, dass der Arbeitnehmer seine Tätigkeit künftig als Selbstständiger ausübt.

Nach einem Flugunfall im Jahr 2019 kündigte der Arbeitgeber dem langjährigen Mitarbeiter. Dieser verlangte daraufhin vor Gericht die Feststellung, dass er sich durchgehend in einem Angestelltenverhältnis befunden habe, wehrte sich gegen die Kündigung und machte unter anderem Urlaubsabgeltungsansprüche für die Jahre 2010 bis 2015 geltend. Der Arbeitgeber meinte, die Ansprüche seien verjährt.

Entscheidung

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Fluglehrer dagegen größtenteils Erfolg. Das Gericht sprach ihm rund 40.000 EUR als Abgeltung für Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 zu. Ohne Erfolg blieb die Forderung in Bezug auf eine Urlaubsabgeltung für das Jahr 2015. Der Urlaubsabgeltungsanspruch aus dem Jahr 2015 sei verjährt. Die Verjährungsfrist beginne i. d. R. mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmende das Unternehmen verlässt.

Schon auf Grundlage der früheren Rechtsprechung hätte der Fluglehrer erkennen müssen, dass ihm der Arbeitgeber Urlaub aus diesem Jahr, in dem das Arbeitsverhältnis endete, abzugelten hatte. Die 3-jährige Verjährungsfrist habe also Ende des Jahres 2015 begonnen. Da der Fluglehrer erst 2019 klagte, konnte er den Anspruch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr geltend machen.

Anderes galt aus Sicht der BAG-Richter für die Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für die Jahre 2010 bis 2014. Bei einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Anwendung der Verjährungsregelungen könne die Verjährungsfrist nicht beginnen, solange eine "Klageerhebung aufgrund einer gegenteiligen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht zumutbar sei".

Nach damaliger Rechtsprechung waren diese Urlaubsansprüche nach Ablauf des Jahres oder Übertragungszeitraums automatisch verfallen. Erst mit der EuGH-Entscheidung v. 6.11.2018 änderte sich die Rechtslage. Zu diesem Zeitpunkt habe der EuGH neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben. Erst danach sei der Fluglehrer gehalten gewesen, die Abgeltung für die Urlaubsjahre von 2010 bis 2014 gerichtlich geltend zu machen.

Das BAG stellte in seinem Urteil zudem klar, dass die 3-jährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch ansonsten i. d. R. am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, beginnt - ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankommt. Dies begründete das Gericht mit der Unterschiedlichkeit der Ansprüche: Die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei insofern eine Zäsur.