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Flurbereinigung: Zu welchem Zeitpunkt wird Grunderwerbsteuer fällig

Eine Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan stellt auf den dort benannten Wirkungszeitpunkt einen steuerbaren Erwerbsvorgang im Rahmen der Grunderwerbsteuer dar. Der maßgebende Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausführungsanordnung.

Hintergrund

X war Teilnehmer eines 2002 eingeleiteten Flurbereinigungsverfahrens in Niedersachsen. In der Verhandlung v. 22.4.2009 über den Verkauf von Masseland wurde vereinbart, dass X Masseland gegen Mehrabfindung von 33.428 EUR erwirbt, die er am 1.11.2009 zu zahlen hatte. Die entsprechende Besitzeinweisung hatte bereits 2008 stattgefunden. Am 29.7.2016 ordnete die Flurbereinigungsbehörde die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans mit Wirkung zum 29.8.2016 an.

Das Finanzamt setzte im Jahr 2016 für den Erwerb vom 29.8.2016 Grunderwerbsteuer i. H. v. 5 % fest. Der ursprünglich (bis 2006) bundeseinheitliche Steuersatz von 3,5 % wurde für Niedersachsen ab 2011 auf 4,5 % und ab 2014 auf 5 % erhöht.

Die Klage, mit der X die Anwendung des im Jahr 2009 noch geltenden Steuersatzes von 3,5 % beantragte, wurde vom FG mit der Begründung abgewiesen, der Erwerbsvorgang (Übergang des Eigentums) sei durch die vorzeitige Ausführungsanordnung der Flurbereinigungsbehörde zum 29.8.2016 verwirklicht worden.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück. Der für die Grunderwerbsteuer maßgebliche Rechtsvorgang hat sich erst am 29.8.2016 (Anordnung der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplans) verwirklicht. Somit ist der zu diesem Zeitpunkt geltende Steuersatz von 5 % anzuwenden.

Die Flurbereinigungsbehörde ordnet die Ausführung des Flurbereinigungsplans entweder nach dessen Unanfechtbarkeit oder vorzeitig an. Zu dem in der Ausführungsanordnung zu bestimmenden Zeitpunkt (hier: 29.8.2016) tritt der im Flurbereinigungsplan vorgesehene neue Rechtszustand an die Stelle des bisherigen. Damit ist der Eigentumswechsel bewirkt. Das Grundbuch ist zu berichtigen. Das Verfahren endet durch Schlussfeststellung.

Dem Eigentumswechsel geht kein einen Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft voraus. Bis zum Abschluss des Flurbereinigungsverfahrens steht nicht fest, ob es überhaupt zu einer Zuteilung von Land kommen wird. Auch eine vorläufige Besitzeinweisung vermittelt keine gesicherte Rechtsposition. Die in einer Verhandlungsniederschrift erklärte Bereitschaft, Masseland gegen Entgelt zu übernehmen, begründet keinen Anspruch auf Übereignung dieses Landes. Selbst eine wirksame Planvereinbarung über eine entsprechende Zuteilung stellt kein Rechtsgeschäft für die Grunderwerbsteuer dar. Planvereinbarungen geben nur den Anstoß zu einem später eintretenden gesetzlichen Eigentumswechsel. Der notwendig vor der Ausführungsanordnung erlassene Flurbereinigungsplan ist kein Rechtsgeschäft im Rahmen der Grunderwerbsteuer, sondern Verwaltungsakt.

Bei einem Eigentumsübergang ohne vorausgehendes den Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft verwirklicht der Übergang des Eigentums den steuerbaren Tatbestand. Das ist im Fall der Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren der Zeitpunkt, in dem die Rechtswirkungen der Ausführungsanordnung eintreten.

Der maßgebende Steuersatz richtet sich nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausführungsanordnung und beträgt somit 5 %. Der Steuersatz gilt für Rechtsvorgänge, die ab dem 1.1.2014 "verwirklicht" werden. Eine Ausführungsanordnung im Flurbereinigungsverfahren ist auch im Sinne dieser Vorschrift im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens und damit dem Zeitpunkt des Eigentumswechsels "verwirklicht".